Messer schleifen. von Leonhard Ullrich * = Affiliate Links

Kleine Messerkunde

Ein paar Fachbegriffe rund ums Messer

Bezeichnungen rund ums Messerschärfen

Messer

Hier nun ein paar der verwendeten messerspezifischen Begriffe, die ich verwende - viele werdet Ihr sicherlich schon kennen. Klickt auf die Bilder, um sie zu vergrößern.

Klingenbezeichnungen1

Klingenbezeichnungen2

Schleifkerbe Ricasso Fehlschärfe Fingerschutz

Klingengeometrie

Die Klingengeometrie bestimmt wie gut ein Messer für eine Schneidaufgabe geeignet ist. Je breiter das Messer kurz nach der Schneidkante ist, desto stabiler ist Schneide und das Messer. Je schmaler das Messer nach der Schneidkante weiterläuft, desto leichter dringt es in zu schneidende Materialien ein. Stabilität des Messers und Schneidfähigkeit sind also gegeläufige Aspekte.
Vielleicht ahnt Ihr es schon, es gibt nicht das ideale Messer, das alles super kann, aber es gibt viele gute Messer die einzelne Dinge besonders gut können. Ihr müssen also "nur" noch den für Eure Schneidaufgaben besten Kompromiss finden und für sehr verschiedene Schneidaufgaben unterschiedliche Messer bereit halten.

Klingenquerschnittgeometrien

Je nach verwendeten Herstellverfahren stellen sich im Klingenquerschnitt des Messers unterschiedliche Geometrien ein, die unterschiedliche Zielgruppen haben. Schematisch zunächst häufige Klingengeometrien.

Skizze Anschliffarten

An Hand des Flachschliffs hier noch ein paar Begriffe im Querschnitt der Klinge:

Flachschliff Details

Im Folgenden habe ich die Anschliffarten mit Ihren Eigenschaften an realen Messern beispielhaft dargestellt.

Flachschliff

Böker Rold Flachschliff Vektor

Beim Flachschliff läuft der Querschnitt der Klinge vom Rücken aus oder unterhalb des Rückens in einem gleichmäßigen Schliffwinkel bis kurz vor die Schneidkante. Der Flachschliff entsteht durch Schleifen auf ebenen Schleifmitteln wie den ebenen Schleifauflagen von Bandschleifern.

Vorteile Flachschliff

  • guter Kompromiss zwischen Hohlschliff und balligem Anschliff
  • geringe Schnittkräfte, wenn Flachschliff bis zum Klingenrücken hochgezogen ist
  • schnittfreudiger als balliger Anschliff

Nachteile Flachschliff

  • weniger schnittfreudig als Hohlschliff bei dünnen Schnittgütern

Anwendungen

  • Küchenmesser
  • Jagdmesser
  • Outdoormesser

Hohlschliff

Nieto Hohlschliff Vektor

Der Hohlschliff ist eigentlich die Domäne des feinen scharfen Messers, wie Rasiermessern, kam aber auch bei vielen Taschenmessern und Jagdmessern vor allen Dingen im Klappmesserbereich zum Einsatz. Es kommt mir aber so vor, als würde ihn der Flachschliff inzwischen überholen. Der Hohlschliff entsteht durch zylinderförmige Schleifkörper, wie Schleifscheiben oder Kontakträder von Bandschleifern.

Vorteile des Hohlschliffs

  • für eine gewisse Zeit wird beim Nachschärfen die Schneide nicht deutlich dicker wird
  • hohe Schnittfähigkeit bei dünnen Schnittgütern
  • ideale Klingengeometrie für Rasiermesser (die alten aus den Friseurfilmen)

Nachteile des Hohlschliffs

  • bei Dingen, in die tiefer eingeschnitten werden müssen, wie dickeren Möhren, neigt der Hohlschliff zum Verklemmen
  • instabilere, bzw. empfindlichere Klingengeometrie im Vergleich zu Flachschliff und balligem Anschliff

Anwendungen

  • Jagdmesser
  • Outdoormesser

Balliger Schliff (konvexer Anschliff)

Fällkniven balliger Schliff-Vektor

Der ballige Anschliff wird auch als konvexer Schliff bezeichnet. Hierbei geht die Klinge im Querschnitt in einem Bogen in die Schneide über. Er kommt primär bei Outdoormessern zum Einsatz, findet aber auch zunehmend in der Küche seine Freunde.

Vorteile des balligen Anschliffs

  • stabilste Klingengeometrie
  • verklemmt sich weniger bei harten Schnittgütern (daher sind Äxte meist ballig angeschliffen)

Nachteile des balligen Anschliffs

  • Schneidkantenwinkel nicht wirklich kontrollierbar
  • Kratzer durch vom Nachschärfen ziehen sich höher den Anschliff hinauf

Anwendungen

  • Küchenmesser
  • Jagdmesser
  • Outdoormesser
  • Hackmesser
  • Bushcraftmesser

Scandischliff

Brusletto Scandischliff Vektor

Der Scandischliff begegnet mir am öftesten bei skandinavischen Outdoormessern. Es ist ein Flachschliff, der von einem rechteckigen Klingenquerschnitt, der ca. 50 % bis 75 % der Klingenhöhe ausmacht, direkt in den Schneidenwinkel übergeht. Hierdurch wird die Schneidengeometrie sehr schnell breiter bei gleichem Schleifwinkel. Der Scandischliff eignet sich gut zum Schnitzen, zum Schneiden von dickeren und harten Lebensmitteln, wie Möhren ist er nicht so gut geeignet. Die Schnittfähigkeit ist im Vergleich zu den anderen Anschliffen geringer.

Vorteile Scandischliff

  • einfache Kontrolle des Schleifwinkels durch Auflegen des gesamten Schneidenanschliffs auf den Stein
  • gut zum Schnitzen und Bushcraften geeignet

Nachteile Scandischliff

  • zum Durchschneiden von spröden Schnittgütern wie Möhren schlechter geeignet
  • hohe Schnittkräfte bei tieferen Schnitten erforderlich
  • bei Ausbrüchen in der Schneide längeres Anschleifen bis erneute Einsatzfähigkeit notwendig

Anwendungen

  • Jagdmesser
  • Outdoormesser
  • Bushcraftmesser

Einseitiger Anschliff

Dictum einseitiger Schliff-Vektor

Den einseitigen Anschliff kennen wir im europäischen Raum am ehesten aus dem Holzbearbeitungsbereich. Eine Seite der Klinge ist flach oder minimal hohlgeschliffen, damit sie einfacher geschliffen werden kann, und die andere Seite hat einen Flachschliff mit ein bis zwei Fasen. Durch den Boom der japanischen Messer sind auch die einseitigen Messer hier in Deutschland aufgetaucht. Das Schneidgefühl ist ein wenig ungewohnt, da beim gerade angesetzten Messer der Schnitt leicht zur Seite wegläuft. Die Schneidfase ist meist dünner und somit empfindlicher angeschliffen als bei den europäischen Messern. Der Schneidenwinkel liegt meist unterhalb der von zweiseitig angeschliffenen Messern.

Vorteile des einseitigen Anschliffs

  • meist eine sehr feine Schneidkantengeometrie
  • einfaches Nachschärfen

Nachteile des einseitigen Anschliffs

  • empfindlichere Schneidkante
  • Schnitt wandert leicht zur Seite
  • für Rechts- und Linkshänder unterschiedliche Klingen notwendig

Anwendungen

  • Küchenmesser

Wellenschliff / Serrations

Wellenschliff an Schanz Brotmesser

Dem Wellenschliff begegnet man bei Brotmessern, Frühstücksmessern oder bei Outdoormessern, die besonders auf das Durchtrennen von Seilen getrimmt sind (z.B. Tauchmesser), oder die ein wenig martialischer aussehen sollen.

Vorteile des Wellenschliffs

  • Beim Schneiden auf ebenen, harten Unterlagen, wie Tellern, Glasschneidbrettern, Backblechen, werden nur die Spitzen der Wellen stumpf. Die halbmondförmigen Täler bleiben scharf und können weiter die Schneidarbeit ausführen.
  • Beim Schneiden von hartkrustigen Materialien (z.B. Brot mit harter Kruste oder Krustenbraten) aber auch bei harthäutigen Früchten (z.B. Tomaten) ritzen die Spitzen die Kruste oder die Haut an und danach können die Wellentäler dann die Schneidarbeit machen.
  • Beim Durchtrennen von Tauen und Seilen beissen sich die Wellenspitzen im Tau fest und verhindern, dass das Tau beim Durchtrennen von der Schneide herunter wandert.

Nachteile des Wellenschliffs

  • Schnitzen mit Serrations ist weniger definiert als mit einer glatten Schneidkante. Die Oberfläche des Holzes ist etwas rauher.
  • Das Schneidgefühl ist agressiver als bei glatten Schneiden.
  • Die Schnittkante ist rauher als nach einem Schnitt mit einer glatten Schneide.
  • Wellenschliff ist deutlich schwieriger vernünftig nachzuschärfen als glatte Schneiden.

In der Küche sehe ich den Wellenschliff nur beim Brotmesser oder beim Besteckmesser (zum Schneiden auf Porzellantellern) für sinnvoll an. Bei anderen gut geschärften Messertypen macht in der Küche der Wellenschliff für mich kaum Sinn.

Meine Lieblingsklingengeometrie

Ich mag am liebsten dünn ausgeschliffene Messer mit Flachschliff in der Küche, so dass ich beim Schneiden kaum Widerstand spüre. Da dünne Messer aber empfindlich sind, schleife ich an der Schneidkante meistens einen zweistufigen (20° Sekundärwinkel, 30° Schneidenwinkel) Anschliff an, wenn nicht gar einen balligen Anschliff. Besonders dünn ausgeschliffene ballige Anschliffe sind in der Küche auch genial, aber leider nur schwer zu finden. Wer sowas sucht, sollte mal nach dem Solinger Dünnschliff suchen.

Schleifsteine, Schärfen und Schleifen

Formen

Zische Silifix 120 ÜbersichtBankstein

Ein Bankstein ist ein ebener rechteckiger Schleifstein. Eine gute Größe für einen Bankstein ist 20 cm x 5 xm x 2,5 cm. Je größer desto gleichmäßiger lässt sich das Messer führen und desto weniger kippelt der Stein beim Schleifen.

AwasetoBruchstein

Am ehesten bei hochwertigen Natursteinen wie gelben belgischen Brocken zu finden. Eine eben Fläche und eine meiste gewölbte Bruchfläche. Daher klebe ich so einen Steine wenn er zu uneben ist mit Heisskleber auf ein Stück Holz, dass ich mit einem Stemmeisen ausgearbeitet habe.

King 1000/6000 nahKombistein

Ein Kombistein ist ein Schleifstein bei dem zwei Schleifsteinfeinheiten in einem Stein vereint sind. Hierbei werden manchmal die beiden Körnungen zusammen gebrannt oder zwei einzelne falche Steine hergestellt und diese dann miteinander verklebt. So können mit einem Schleifstein zwei Feinheiten angeschliffen werden, allerdings ist bei gleichdickem Stein von jeder Körnung weniger Schleifmittel da.

Schleifmittel

Je härter das Schleifmittel, desto härtere Materialien kann es zerspanen.

Korund oder auch Aluminiumoxid

Korund ist chemisch gesehen Al₂O₃ und damit eine Art künstlicher Rubin bzw. Saphir. Die Mohshärte liegt bei 9. Korund ist für das Schleifen von gehärteten Stählen wie Messern ein das gebräuchlichste Schleifmittel. Die ganz harten Stähle, wie die "Karbidmonster" sind allerdings grenzwertig hart für Korund. Schleifsteine aus Korund sind gute Allroundtalente, sie tragen passabel schnell Material ab und verschleissen bei harter Bindung nicht zu schnell.

Siliziumkarbid

Siliziumkarbid ist chemisch gesehen SiC, kommt natürlich nur als recht seltenes Moissanit vor. Die Mohshärte liegt bei 9,6. Damit ist Siliziumkarbid härter als Korund und deshalb für besonders harte Stähle und sogar Hartmetalle zum Schleifen geeignet.

Die Schleifkörner sind scharfkantiger als die von Korund, deshalb schleifen Sie auch agressiver. Allerdings sind sie auch brüchiger. Deshalb verschleissen Siliziumkarbidsteine schneller als Korundsteine. Für den Vorschliff setze ich gerne Siliziumkarbidsteine ein.

Diamant

Diamant ist ein teures Stück stark komprimierte Kohle. Mit einer Mohshärte von 10 sind Diamanten das härteste Material. Dadurch sind sie in der Lage alle anderen Materialien zu schleifen. Als Schleifmittel ist Diamant in Form von Metallplatten auf deren Oberfläche die Diamanten aufgebracht sind. Ist diese Schicht einmal weg, ist auch die Schleifwirkung weg. Daher sollten Messer auf Diamantschleifplatten nur mit wenig Druck geschliffen werden.

Kubisches Bornitrid

Kubisches Bornitrid ist von der Härte her dem Diamant am nächsten. Beim maschinellen Schleifen wird es inzwischen häufiger eingesetzt. Beim Schleifen von Hand kann man kaum genug Anpressdruck aufbringen, um einen ordentlichen Abtrag damit zu erzeugen.

Naturstein

Natursteine haben verschiedenste harte Bestandteile, mit denen Sie den Stahl zerspanen können. Bei groben Steinen (bei groben Körnungen lieber zu künstlichen Schleifsteinen greifen) kommt Sandstein zum Einsatz, bei feineren ist es beim belgischen Brocken Granat. In bestimmten Abbaugebieten (z.B. Naxos in Griechenland) kommt auch Korund natürlich vor.

Chromoxid

Chromoxid wird als extrem feines als Pigmet zum Herstellen von grünen Farbtönen eingesetzt. Zum Abziehen von sehr feinen Schneiden an Stählen mit nur wenig Karbiden kommt es vor allen Dingen für Rasiermesser zum Einsatz.

Eisenoxid

Ähnlich wie Chromoxid ist Eisenoxid einen Tick weicher und noch etwas feiner. So dass damit die Schneiden nach einen Abzug auf Chromoxidriemen noch etwas verfeinert werden können.

Bindung

Die Bindung hält die Schleifpartikel zusammen und bestimmt den Verschleiß des Schleifsteins, aber auch die Abtragsrate. Je weicher ein Stein gebunden ist (z.B. japanische Wassersteine) desto schneller brechen Schleifpartikel aus der Bindung aus und bilden auf dem Schleifstein eine Schleifpaste. Das Schliffbild wird dadurch vergleichmäßigt und matter.

Je härter ein Schleifstein gebunden ist, desto langsamer trägt er Material ab aber desto langsamer verschleißt der Stein. An der Oberfläche sind mehr stumpfe Schleifpartikel, dadurch schleift der Stein weniger agressiv und etwas polierender (mit kleinen Riefen durch einzelne frisch an die Oberfläche gekommene unverschlissene Schleifkörner).

Im Allgemeinen gilt, je härter der Stahl desto weicher die Bindung des Steins und umgekehrt.

Körnung

Die Körnung gibt an, wie fein die Schleifpartikel sind, die im Schleifstein gebunden sind. Je größer die Zahl desto feiner der Stein. Problematisch ist allerdings dass hier wild zwischen drei Körnungssystemen (JIS für japanische Wassersteine, FEPA für europäische Schleifsteine, ANSI für den amerikanischen Raum) hin und her gewechselt wird, ohne dass die wirkliche Körnung zum Beispiel als mittlerer Korndurchmesser in µm angegeben wird. Wenn Ihr mehr dazu erfahren wollt, dann schaut Euch diesen Artikel mal an.

Schliffbild

Nach dem Schleifen auf einem bestimmten Schleifstein erhält die Schneide eine bestimmte Kratzerstruktur auf der Oberfläche. Genau diese Kratzerstruktur ist es worauf es beim Schleifen ankommt. Diese Kratzerstruktur ist aber nicht nur von der Größe der Körnung des Schleifsteins, sondern auch von der Härte, Form und Sprödigkeit des Schleifkorns aber auch von der Härte der Bindung abhängig. Daher vergleiche ich die Schleifsteine nicht nach den Körnungsangaben der Hersteller sondern nach dem Schliffbild, also dem visuellen Eindruck der Schneide unter einem Mikroskop nach dem Schärfen.